"Märchen vom verlorenen Schlüssel"
Zu Beginn der Arbeiten für unser Projekt, "Das Rödelheimer Schloss sichtbar machen" fanden die Arbeiter beim ersten Abheben der Grasnarbe mit dem Bagger im Bereich
der ehemaligen Freitreppe einen alten Schlüssel. Wir haben schon damals an seine heutige Verwendung gedacht. - Wo kommt er her? Lassen sie mich dazu ein kleines Märchen erfinden.
Hier im Schloss war für einige Jahre ein Mädchenpensionat untergebracht. Das ist noch
kein Märchen, das ist tatsächlich wahr. -
Nun also:
Es lebte einmal ein wunderschönes Mädchen in dem Mädchenpensionat im Rödelheimer Schloss.
Sie hörte auf den Namen Elisabeth. Von ihrem Freund Robert, dem Bäckergesellen,
wurde sie zärtlich Lissi genannt. Die beiden hatten sich auf der Rödelheimer Kerb
am ersten Sonntag im August kennen gelernt und mochten sich gleich ganz toll.
Aber mit dem weiteren Treffen war es doch schwierig. Lissi hatte abends natürlich
keinen Ausgang und Robert durch seinen Beruf zu keiner anderen Tageszeit frei.
Also kam Robert spätabends zum Schloss und Lissi öffnete das Fenster im ersten Stock.
Leise konnten die beiden Liebesleute miteinander tuscheln. Doch auf die Dauer
wurden sie ungeduldig. Lissis Haar wuchs nicht so schnell wie bei Rapunzel,
damit Robert daran hätte hinauf zu seiner Lissi klettern können und die Efeuranken
waren zu dieser Zeit noch sehr klein. - Ein halbes Jahr ging ins Land und eines abends,
es war eine laue Frühlingsnacht im Mai, die Nachtigall sang im Rosenbusch und der Vollmond
tauchte liebevoll die Szene in sein silbernes Licht, hatte Lissi den Schlüssel einer Nebentür
des Schlosses mitgebracht. Sie wollte ihn Robert zuwerfen. Aber als sie schon zum Wurf ausholte,
schob sich eine große schwarze Wolke vor den Mond. Es wurde stockfinster.
Der Schlüssel fiel geräuschlos ins Gras. Dort suchte Robert. Er suchte und suchte. Und Lissi
wurde zunächst ungeduldig, dann böse wegen seiner Ungeschicklichkeit. Sie hatte sich so auf
ein Zusammensein mit ihm gefreut. Robert ging es ähnlich. Er meinte zu Lissi, sie habe
gar keinen Schlüssel herunter geworfen, sonder ihn nur gefoppt. Das war der holden Maid denn doch zu viel.
Beleidigt schloss sie das Fenster. Es wurde noch finsterer. Die Nachtigall sang auch nicht mehr.
Die romantische Nacht fiel nun leider aus. Robert fühlte sich verar…, nein das Wort sage ich nicht,
er fühlte sich an der Nase herum geführt und ging mit zornigen Schritten zu seiner Backstube
um Brötchen zu backen. Bäcker backen ja nachts. Beide waren tief gekränkt. Ob sie den Zwist überwinden konnten?
Wir hoffen es für die beiden.
Und so endet dieses Märchen im Ungewissen. Der Schlüssel aber lag unter der langsam wachsenden Efeuhecke
an der Schlosswand verborgen und rostete vor sich hin und wartete auf seine Wiederentdeckung.
Es kamen und gingen 3 Kriege. Um den Schlüssel kümmerte sich niemand. Das Schloss brannte aus
und wurde schließlich abgetragen. Der Schlüssel rostete weiter. Und so verrostet wurde er schließlich gefunden.
Wir haben ihn zur Feier des Tages von Schmutz befreit und heraus geputzt, mit einer Quaste
in den Solms und Rödelheimer Farben Blau Gold verziert und in eine Schachtel gelegt.
Er scheint uns ein sinnvolles Symbol für das Rödelheimer Schloss zu sein. Ich darf Ihnen, lieber Herr Slachmuylders,
stellvertretend für die Stadt Frankfurt, mit diesem Schlüssel unser abgeschlossenes Projekt
"Das Rödelheimer Schloss sichtbar machen"
vertrauensvoll zur weiteren Pflege übergeben.